ESG & Nachhaltige Finanzprodukte: Was genau sind ESG-Kriterien?

ESG-Kriterien im Fokus: Environmental, Social & Governance

Auch Finanzprodukte werden zunehmend daran gemessen, ob sie gut oder schädlich für das Klima sind, ob sie soziale Gerechtigkeit fördern oder ob sie korrupte Geschäftspraktiken unterstützen. Was genau die Nachhaltigkeitskriterien sind und wie sie in der Finanzbranche umgesetzt werden, lesen Sie in diesem Artikel.

ESG steht für Nachhaltigkeit

Unter ESG versteht man bei der nachhaltigen Finanzprodukten die Berücksichtigung von Kriterien aus den Segmenten Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (Governance).

Immer öfter taucht das Kürzel “ESG” im Zusammenhang mit Finanzprodukten auf. Es steht für Umweltschutz (Environmental), soziale Gerechtigkeit (Social) und gute Unternehmensführung (Governance) und fasst damit alle Aspekte von Nachhaltigkeit zusammen. “ESG-Kriterien” sind dementsprechend Leitlinien für Nachhaltigkeit. Während eine Geldanlage grundsätzlich auf der Basis ihrer Rentabilität, Liquidität und des Risikos beurteilt wird, kommen bei einer nachhaltigen Anlage noch ökologische, soziale und ethische Kriterien hinzu. Allerdings müssen nicht alle drei Nachhaltigkeitsaspekte in derselben Gewichtung berücksichtigt werden, das wäre kaum praktikabel. Und: Bislang gibt es keine einheitliche Definition für “nachhaltige Geldanlage”.

Entwicklung der ESG-Kriterien

Zum ersten Mal tauchte der Begriff “ESG-Kriterien" 2006 im Rahmen der Initiative “Principles for Responsible Investment” der Vereinten Nationen auf. Seitdem ist das Interesse an nachhaltigen Investments kontinuierlich gewachsen. 2020 befassten sich auch das Weltwirtschaftsforum in Davos und der International Business Council (IBC) mit den Nachhaltigkeitsprinzipien. Auf dem Forum wurden 22 Kennziffern definiert, deren Messung für die ESG-Beurteilung ausschlagegebend sein soll. Ziel dieser Entwicklung ist ein neuartiger „Stakeholder-Kapitalismus“, der Unternehmen dazu auffordert, Nachhaltigkeit und Umweltschutz eine zentrale Rolle einzuräumen. Die 120 großen multinationalen Unternehmen im IBC haben sich dazu bekannt, hier mit gutem Beispiel voranzugehen. Tatsächlich zeigt das Davos Manifest 2020 als zentrales Dokument des Weltwirtschaftsforums, welchen Stellenwert die ESG-Prinzipien mittlerweile haben.

ESG-Kriterien bei den Verbrauchern bislang wenig bekannt

Dennoch steckt das Thema nachhaltige Finanzprodukte noch in den Kinderschuhen. Wie aus einer aktuellen Studie von YouGov im Auftrag der Commerz Real hervorgeht, können noch nicht einmal zwei von drei Bundesbürger etwas mit den sogenannten „ESG-Kriterien“ anfangen. Gerade einmal 25 Prozent der Deutschen haben schon einmal davon gehört, lediglich sechs Prozent haben sich dazu informiert.

Die Studie zeigt aber auch Unterschiede in den Altersgruppen: So können 43 Prozent der 18- bis 24-Jährigen mit dem Begriff ESG-Kriterien etwas anfangen, bei den Befragten ab 55 Jahren sind es nur 21 Prozent. Auch scheinen sich Wohneigentümer mehr mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen als Mieter. So konnten mehr als 30 Prozent der Eigentümer „ESG-Kriterien“ einordnen, während es bei Mietern weniger als 20 Prozent waren. Unterschiede gibt es zudem beim Haushaltseinkommen: Bis 2.500 Euro Nettoeinkommen pro Haushalt schwankt das Wissen zu Nachhaltigkeitskriterien um die 20 Prozent-Marke. Danach nimmt es zu und steigt auf mehr als 50 Prozent bei einem Haushaltsnettoeinkommen von mehr als 10.000 Euro.

Environmental - Umweltschutz

ESG-Kriterien verpflichten Unternehmen dazu, Strategien zum Umwelt- und Klimaschutz voranzutreiben. Es geht insbesondere um ein schonendes Ressourcenmanagement sowie den Einsatz erneuerbarer Energien.

  • Klimaschutz: Gegenmaßnahmen und Strategien zum Umgang mit dem Klimawandel
  • Energiemanagement: Verschwendung vermeiden und vermehrter Einsatz, erneuerbarer Energien
  • Gebäudemanagement: Umweltfreundliche und energieeffiziente Methoden
  • Öko-Effizienz verbessern: Verfahren und Produkte optimieren (z.B. kurze Lieferwege)
  • Ökologischer Fußabdruck: Gezielte Reduktion von Emissionen und Treibhausgasen (z.B. CO2)
  • Wasserhaushalt: Verantwortungsbewusster, sparsamer Konsum und umweltfreundliche Abwasserentsorgung
  • Artenvielfalt: Schutz und Erhaltung

Social - soziale Gerechtigkeit

Das ESG-Kriterium Social umfasst sämtliche sozialen Auswirkungen der Firmentätigkeit. Insbesondere gerechte Arbeitsbedingungen und die Achtung der Menschenwürde spielen dabei eine große Rolle.

  • Achtung der Menschenwürde und Menschenrechte
  • Gute und faire Bezahlung der Mitarbeiter
  • Arbeitnehmern Zugang zu Weiterbildungen zu ermöglichen
  • Investitionen in die Sicherheit am Arbeitsplatz sowie die Gesundheit der Mitarbeiter
  • Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit
  • Zusammenarbeit mit Diktaturen und autoritären Regierungen wird ausgeschlossen
  • Gleiche Kriterien bei Sub-Unternehmern sowie Lieferanten

Governance – gute Unternehmensführung

Governance, das dritte Kriterium für Nachhaltigkeit zielt auf eine ethische Unternehmensführung ab. Unabhängige Aufsichtsgremien stellen hierbei sicher, dass Korruption sowie wettbewerbswidriges Verhalten ausgeschlossen werden. Neben dem firmeninternen Verhalten spielt hier auch die Verantwortung gegenüber der Gesellschaft eine große Rolle. Fairness, Offenheit und Transparenz sind nur drei wichtige Werte von vielen.

  • Ausschluss von Korruption und wettbewerbswidrigen Praktiken
  • Erfolgsorientierte Vergütung von Vorständen hinsichtlich des Erreichens von Nachhaltigkeitszielen
  • Verantwortungsvoller und gewissenhafter Umgang mit Steuern
  • Förderung von Vielfalt und Chancengleichheit im Unternehmen
  • Kontrollorgane müssen unabhängig sein (z.B. Aufsichtsrat)

Offenlegungsverordnung der EU

Auf EU-Ebene wird seit längerem daran gearbeitet, einheitliche Standards für nachhaltige Finanzprodukte zu schaffen. Ein erster Schritt ist die EU-Offenlegungsvereinbarung, die mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit für die Verbraucher schaffen soll. Laut der Anfang März 2021 in Kraft getretenen EU Sustainable Finance Disclosure Regulation (Nr. 2019/2088) müssen die Anbieter von Finanzprodukten ihren Anlegern den Grad ihrer Nachhaltigkeit darlegen und ihnen somit ermöglichen, dass diese ihre Entscheidungen nach Nachhaltigkeitskriterien treffen können. Die Angaben müssen dabei sowohl auf der Webseite, in vorvertraglichen Dokumenten sowie in regelmäßigen Berichten gemacht werden.

Nachhaltige Investments aus Sicht der Banken

Bei der Klassifizierung von nachhaltigen Geldanlagen unterscheiden die Anbieter von Finanzprodukten vier verschiedene Ansätze:

  • Negativ- bzw. Ausschlusskriterien: Hier kann der Anleger Geldanlagen ausschließen, wenn bestimmte Produkte hergestellt (z.B. Waffen) oder bestimmte soziale bzw. ökologische Aspekte nicht berücksichtigt werden. Auch können die Todesstrafe oder die Verletzung von Menschenrechten im jeweiligen Staat Ausschlussgründe darstellen.
  • Positivkriterien: Bei diesem Ansatz wird nach bestimmten „ESG-relevanten“ Branchen gesucht, in die der Anleger investieren kann. Am naheliegendsten ist hier natürlich die Branche der Erneuerbaren Energien.
  • Best-in-Class-Ansatz: Bei diesem Ansatz werden Unternehmen aufgelistet, die im Bereich der ESG-Kriterien besonders fortschrittlich agieren. Hier kann es insbesondere um einen zukunftsorientierten Energie- bzw. Ressourcenverbrauch oder um einen unabhängigen Aufsichts- oder Verwaltungsrat gehen.
  • Engagement: Hierbei nehmen die Aktionäre ihre Stimmrechte war, um aktiv an der Erreichung der Umwelt- und Sozialziele mitzuwirken. Es kommt zum langfristigen Dialog von großen Investoren und den Unternehmen. Werden die ESG-Ziele der Anleger nicht erreicht, können diese Druck ausüben, indem sie mit einem Ausstieg aus dem Investment drohen.

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Das Redaktionsteam des Portals sustainablebanking.de schreibt tagesaktuell über nachhaltiges Banking und nachhaltige Finanzen. Wir überprüfen Sustainable-Finance-Produkte, erläutern wie man nachhaltig investieren kann und machen auf interessante Anbieter für nachhaltige Geldanlagen aufmerksam. Ratgeber über Nachhaltigkeit im Finanzbereich, Tipps zu nachhaltigen Investments, Erfahrungsberichte &Tests runden das Angebot ab.

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