Sustainable Finance: Fehlende Transparenz & großer Verbesserungsbedarf
Nachhaltige Geldanlagen sind weniger nachhaltig, als es scheint
Das Interesse an nachhaltigen Geldanlagen steigt rasant, daran gibt es keine Frage. In der Schweiz wuchs das Volumen von ESG-Investments im vergangenen Jahr um über 30 Prozent, in Deutschland um 25 Prozent. Dennoch ist nicht alles so nachhaltig, wie es scheint.
Plus von bis zu 30 Prozent

Nachhaltige Geldanlagen sind derzeit in aller Munde. Doch das gestiegene Interesse der Anleger und Finanzunternehmen an Sustainable Finance kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich das Nachhaltigkeitsengagement der Finanzbranche noch auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau bewegt. Wie aktuelle Zahlen von Swiss Sustainable Finance zeigen, hat das Volumen des unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien (ESG) investierte Vermögen in der Schweiz im vergangenen Jahr um 31 Prozent zugenommen auf 1,5 Milliarden Schweizer Franken. In Deutschland gab es einen Anstieg um 25 Prozent auf 335 Milliarden Euro. Das sind durchaus starke Wachstumszahlen. Allerdings sei das Wachstum hauptsächlich dem Umstand geschuldet, dass sich eine stark wachsende Zahl der befragten Banken und Vermögensverwalter zur systematischen Einbeziehung von ESG-Kriterien in die Finanzanalyse (ESG-Integration) bekenne, gibt die Börsen-Zeitung zu Bedenken.
Das geht noch nachhaltiger
Kritiker merken an, dass man trotz der positiven Zahlen noch nicht von einer nachhaltigen Investmentkultur in beiden Ländern sprechen können. Bislang ist der „Best in Class“-Ansatz nach wie vor der Standard in der Fondsindustrie. Er übt eine weit stärkere Filterfunktion aus als andere Screening-Ansätze, macht aber nur etwa zehn Prozent des Gesamtvolumens des nachhaltigen Anlagemarktes in der Schweiz aus. Die Verbreitung des Best-in-Class-Ansatzes sei kein Zeichen für die Qualität einer nachhaltigen Finanzindustrie, meint auch Nachhaltigkeitspionier Reto Ringger, der als Erfinder des Dow Jones Sustainability Index gilt: Wenn sich ein Anbieter mit dem Best-in-Class-Ansatz immer noch als fortschrittlich darstellen wolle, dann sei das eine sehr einfache Form von Nachhaltigkeit, so Ringger. Ein Exxon-Investment werde nicht nachhaltiger, wenn es in einem Portfolio etwas tiefer gewichtet sei, erklärte der Gründer und CEO der Zürcher Globalance Bank gegenüber der Börsen-Zeitung. Nachhaltigkeit sei mit Blick auf Klimaziele heute keine relative Sache mehr.
Ein weiteres Problem von Sustainable Finance ist die fehlende Transparenz, sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz. Für Ringger ist der aktuelle Zustand “ein großes Durcheinander”: Jede Bank habe eine eigene Methodik und ein eigenes Nachhaltigkeitslabel - für den Anleger sei das nicht mehr überschaubar. Fakt ist, beim Thema nachhaltige Investments besteht eindeutig noch Verbesserungsbedarf.